»Ich gehe von wechselnden Mehrheiten aus«

Kandidatencheck zur Bürgermeisterwahl: Kurt Nagel (CDU) spricht über seine Pläne für Bad Oeynhausens Zukunft

Vier Kandidaten gehen bei der Bürgermeisterwahl am Sonntag, 13. September, in Bad Oeynhausen ins Rennen. Das WESTFALEN-BLATT stellt die Bewerber einzeln vor. Weiter geht es mit Kurt Nagel (63). Mit WESTFALEN-BLATT-Redakteur Malte Samtenschnieder hat der CDU-Kandidat über seine Pläne für die Zukunft der Stadt Bad Oeynhausen gesprochen.

Der Fotoapparat hat für Kurt Nagel auch eine symbolische Bedeutung. »Ich nehme Probleme gerne ganz in den Fokus, um mir ein umfassendes Bild zu verschaffen. Wenn man Probleme genau fokussiert, bringt das meist die besten Lösungen«, sagt der BürgermeisterkDer Fotoapparat hat für Kurt Nagel auch eine symbolische Bedeutung. »Ich nehme Probleme gerne ganz in den Fokus, um mir ein umfassendes Bild zu verschaffen. Wenn man Probleme genau fokussiert, bringt das meist die besten Lösungen«, sagt der Bürgermeisterk

Sie sind Vorsitzender der stärksten Fraktion im Stadtrat, haben aber ein Bündnis aus SPD, Grünen, BBO, Linken und UW gegen sich. Wie wollen Sie vor diesem Hintergrund als Bürgermeister der CDU erfolgreiche Arbeit leisten?

Kurt Nagel: Das Bündnis hat zwar den Haushalt 2015 zusammen verabschiedet und einen gemeinsamen Bürgermeisterkandidaten aufgestellt. Bei verschiedenen anderen Entscheidungen hat sich aber bereits gezeigt, dass die Gemeinsamkeiten der fünf Partner nicht so groß sind. Ich gehe davon aus, dass es auch künftig sachbezogen wechselnde Mehrheiten im Rat geben wird. Eine Blockkonfrontation halte ich für unwahrscheinlich.

Sie sind bereits seit 1997 als Ratsmitglied in der Kommunalpolitik aktiv. Nach 18 Jahren haben Sie sich nun zu einer Bürgermeisterkandidatur entschlossen. Wie ist es dazu gekommen?

Nagel: Ich glaube, dass sich durch Politik Wesentliches für Bad Oeynhausens Zukunft bewegen lässt. In meiner Zeit als Ratsmitglied habe ich viele Einblicke in die kommunalen Verhältnisse erhalten. Diese dienen mir nun als Ansporn für meine Kandidatur.

Welches sind die drei wichtigsten Themen, die Sie als neuer Bürgermeister von Bad Oeynhausen in Angriff nehmen würden?

Nagel: Zum Ersten das Konsolidieren der städtischen Finanzen, zum Zweiten das Steigern der Attraktivität der Innenstadt und zum Dritten das Intensivieren der Wirtschaftsförderung.

Welcher Handlungsbedarf besteht im Hinblick auf die städtischen Finanzen?

Nagel: Unser vorrangiges Ziel muss es sein, dass im Jahr 2016 der von der Kommunalaufsicht geforderte Haushaltsausgleich gelingt. Dadurch gewinnen wir unsere Finanzhoheit zurück und können wieder eigenständig handeln.

Was ist nötig, damit Bad Oeynhausen im nächsten Jahr tatsächlich eine »schwarze Null« erreicht?

Nagel: Wir haben bereits viele Maßnahmen auf den Weg gebracht. So haben alle Fraktionen in den vergangenen Jahren bereits Konsolidierungsmaßnahmen mit einem Umfang von vier Millionen Euro pro Jahr mitgetragen. Beim Streichen weiterer freiwilliger Leistungen ist aber irgendwann das Ende der Fahnenstange erreicht.

Das heißt, Sie müssen die Einnahmeseite verbessern?

Nagel: Wir müssen zum Beispiel anstreben, dass sich die Gewerbesteuern – unsere wichtigste Einnahmequelle – bei 25 Millionen Euro pro Jahr stabilisieren. Es muss uns gelingen, das Risiko von Ausschlägen nach unten zu minimieren, während Ausschläge nach oben natürlich immer erwünscht sind. Grundsätzlich müssen wir nachdrücklich die uns in Artikel 28 des Grundgesetzes zugesicherte finanzielle Eigenverantwortung gegenüber dem Land NRW einfordern. Sonst werden wir langfristig den städtischen Haushalt – immerhin mit einem Volumen von 100 Millionen Euro pro Jahr – nicht in den Griff bekommen.

Wie ist Ihre Position zur möglichen Erhöhung von Steuern und Abgaben um den Haushaltsausgleich 2016 zu schaffen?

Nagel: Als letztes Mittel kann ich auch das nicht ausschließen. Für eine seriöse Prognose, ob das erforderlich sein wird, ist es aber noch zu früh. Damit müssen wir uns im letzten Quartal 2015 im Rahmen der Beratungen über den Haushalt 2016 befassen. Dann liegen Zahlen für die Fortschreibung des Haushaltes sowie eine aktuelle Steuerschätzung vor.

Als zweiten Punkt, den sie als Bürgermeister in Angriff nehmen würden, haben sie das Steigern der Attraktivität der Innenstadt benannt. Wie wollen Sie das erreichen?

Nagel: Insbesondere die Sauberkeit in der Innenstadt lässt derzeit zu wünschen übrig. In den Außenbereichen ist die Situation im Großen und Ganzen in Ordnung. Im Zentrum gibt es aber noch viele Dinge zu tun. In puncto Möblierung könnten wir bereits weiter sein. Ich erinnere daran, dass im Haushalt 2014 insgesamt 50 000 Euro für die Anschaffung neuer Bänke und weiteren Mobiliars bereitstanden, dass die entsprechenden Pläne aber in letzter Minute von den anderen Fraktionen gestoppt worden sind.

Dann dürften die neu zu schaffenden Spielangebote am Inowroclaw-Platz ja sehr in Ihrem Sinne sein…

Nagel: Ja. Denn sie tragen dazu bei, die Aufenthaltsqualität in der Innenstadt insbesondere für junge Familien zu verbessern. Das muss uns auch andernorts, jenseits des Inowroclaw-Platzes, gelingen. Ein Problem bleibt allerdings die Finanzierung. Selbst bei Maßnahmen im Rahmen des Integrierten Städtebaulichen Entwicklungskonzeptes müssen wir ja trotz hohen Förderanteils als Stadt immer noch beträchtliche Eigenmittel aufbringen.

Welche Bedeutung hat die Diskussion über ein Parkraumbewirtschaftungskonzept für die Attraktivität der Innenstadt?

Nagel: Wir müssen dieses Thema vor allem losgelöst von erwarteten Mehreinnahmen zur Konsolidierung des Stadthaushaltes führen. Alle Konzepte, über die wir in der Vergangenheit beraten haben, waren nicht komplett in sich schlüssig. Das Problem liegt darin, dass wir zur Beantwortung der Frage nach einheitlichen Parkgebühren die Stadt, die Stadtwerke und das Staatsbad an einen Tisch bringen müssen. Ich bin der Meinung, dass es das Ziel sein muss, sowohl innerhalb der Parkhäuser als auch außerhalb für eine gewisse Zeit kostenlos zu parken. Wichtig ist eine einheitliche Regelung, da wir sonst Parksuchverkehre erzeugen, die wir auf keinen Fall haben wollen.

Was halten Sie von Plänen der Initiative Bad Oeynhausen, dass die Einzelhändler in der Innenstadt ihren Kunden unter bestimmten Bedingungen einen Teil ihrer Parkgebühren zurückerstatten?

Nagel: Das gehört für mich dazu. Ähnliche Überlegungen waren ja auch schon Bestandteil eines Konzeptes der CDU, das im Jahr 2000 verabschiedet, 2012 dann aber modifiziert worden ist.

Kommen wir zum Thema Wirtschaftsförderung. Wie wollen Sie die Bemühungen der Stadt in diesem Bereich intensivieren?

Nagel: Zunächst einmal müssen wir die Fehler der Vergangenheit aufarbeiten. So gab es zum Beispiel viel Schelte für das Gewerbegebiet auf der Lohe. Ich bin aber sicher, wenn sich dort in Kürze das erste Unternehmen niederlässt, wird das positive Auswirkungen auf die Ansiedlung von weiteren Gewerbebetrieben haben. Auch müssen wir darauf achten, dass ausgewiesene Gewerbeflächen der Stadt zur Verfügung stehen. Das ist etwa in Eidinghausen nicht der Fall. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Aufarbeitung von Brachflächen. Für die Ausweisung von interkommunalen Gewerbegebieten gibt es aus meiner Sicht derzeit keine sinnvollen Ansatzpunkte.

Stellen wir uns einmal vor, Sie blicken in fünf Jahren auf Ihre erste Amtszeit als Bürgermeister von Bad Oeynhausen zurück. Welche Erfolge könnten Sie vorweisen?

Nagel: Wir hätten den steinigen Weg zum Ausgleich des städtischen Haushaltes erfolgreich gemeistert. Mit Unterstützung des Stadtrates wäre es gelungen, die Innenstadt barrierefrei zu gestalten. Gewerbeflächen wären im Umfang der Nachfrage verfügbar – und das zu realistischen Preisen.

Zurück in die Gegenwart. In den vergangenen Wochen war die Diskussion über die Unterbringung von Flüchtlingen auch in Bad Oeynhausen ein wichtiges Thema. Wie beurteilen Sie das Handeln der Verwaltung in dieser Frage?

Nagel: Ich denke, es ist alles gut gelaufen. Die Stadt musste von jetzt auf gleich eine Notunterkunft einrichten und hat das mit geeigneten Mitteln bewältigt. Auch die Entscheidung, Flüchtlinge vorübergehend in weiteren ehemaligen Britenhäusern unterzubringen, halte ich für richtig. Es ist ja bekannt, dass wir mit der Siedlung langfristig andere Pläne haben. Die humanitäre Verpflichtung gegenüber den Flüchtlingen zwingt uns aber zu den genannten Maßnahmen. Irgendwann müssen wir unter Umständen aber auch sagen: »Es geht nicht mehr.« Ich halte zum Beispiel nichts davon, Flüchtlinge in Zelten unterzubringen. In diesem Zusammenhang sind das Land, der Bund und die EU gefragt.

Die Ankunft der Flüchtlinge in der Notunterkunft in Rehme hat eine große Welle der Hilfsbereitschaft ausgelöst. Hätten Sie damit im Vorfeld gerechnet?

Nagel: Nicht in diesem Umfang. Das Angebot an Zeit- und Sachspenden ist bemerkenswert. Es wirft ein positives Licht auf unsere Bürgerschaft. Diese Bereitschaft zu helfen ist ein wichtiges Kapital, das wir uns für die Zukunft sichern müssen. Denn es wird immer wieder Menschen geben, um die wir uns kümmern müssen. Bedenken Sie etwa, dass die Menschen durch den demografischen Wandel immer älter werden.

Der Landesbetrieb Straßen NRW hat unlängst mitgeteilt, dass sich die Freigabe des Lückenschlusses der A 30 aufgrund von Formfehlern in einem Bieterfahren möglicherweise um neun Monate bis ins letzte Quartal 2017 verzögert. Wie beurteilen Sie das?

Nagel: Das ist enttäuschend und ärgerlich. Ich hoffe, dass es wirklich bei der genannten Verzögerung bleibt. Für unsere eigenen Planungen bleibt jedoch alles beim Alten. Wir müssen uns weiter über den sinnvollen Rückbau der Mindener Straße/Kanalstraße Gedanken machen und vor allem klären, wieweit wir das Land an den Kosten beteiligen können.

Ihr Wahlslogan lautet »Handeln statt verwalten«. Warum?

Nagel: Weil es in der Vergangenheit immer viel zu lange gedauert hat, bis Ratsbeschlüsse – auch kleiner Maßnahmen – endlich umgesetzt wurden. Das muss meiner Meinung nach deutlich schneller gehen.

Stellen wir uns einmal vor, dass Sie bei der Bürgermeisterwahl am Sonntag, 13. September, das erst- oder zweitbeste Ergebnis erhalten, aber keiner der Kandidaten die absolute Mehrheit erreicht. Mit wem sehen Sie sich in der Stichwahl?

Nagel: Mit Klaus Mueller-Zahlmann, weil sein Rückhalt innerhalb der Bevölkerung größer ist, als es viele glauben oder es gerne hätten.